Folgendes habe ich im Webinar „NO MORE KEGELS“ von Katy Bowman gelernt.
Katy Bowman ist Wissenschaftlerin in der Fachrichtung Biomechanik und beschäftigt sich mit der Biomechanik des menschlichen Körpers. Dazu ist sie Leiterin desRestorative Exercise Institute . Außerdem hat sie eine Reihe von DVDs unter dem Programmtitel \“Aligned and Well\“ herausgeben und schreibt den Blog „katysays„.
Wie häufig sind Beckenbodenprobleme?
Probleme mit dem Beckenboden sind sehr häufig und nehmen mit dem Alter zu. Man muss davon ausgehen, dass 8 von 10 Menschen einmal in ihrem Leben ein Problem bekommen werden. Unabhängig von der steigenden Lebenserwartung nimmt die Häufigkeit von Inkontinenz und Senkungen zu.
Warum die Zunahme?
Eine Ursache ist das Leben im Sitzen. Wir arbeiten im Sitzen, verbringen viel Freizeit im Sitzen, fahren im Sitzen Auto, sitzen auf der Toilette, etc….
Verstärkt wird die negative Auswirkung unseres Sitzens noch durch die Art und Weise wie wir sitzen. Früher saß man meist aufrecht auf eher harten Stühlen. Es wurde viel Wert auf das aufrechte Sitzen bei Tisch, bei der Arbeit oder in der Schule gelegt. Ein gemütliches Anlehnen und „Lümmeln“ war nur alten und kranken Personen erlaubt.
Beim aufrechten Sitzen sitzt man auf den Sitzbeinhöckern. Sacrum (Kreuzbein) und Coccyx (Steißbein) schweben über der Sitzfläche (siehe Abb. 1 a).
Beim bequemen Anlehnen im weichen Sessel, auf der Couch, im Autositz, aber auch bei der Arbeit, sitzen wir nicht auf den Sitzbeinhöckern, sondern auf dem Steißbein. Unser Becken ist nicht aufrecht, sondern nach hinten (posterior) gekippt (siehe Abb. 1 b)
Abb.1
Was bedeutet diese Veränderung der Lebensweise für unser Becken und den Beckenboden?
Durch den ständigen Druck beim Sitzen durch das Gewicht unseres Oberkörpers auf das Steißbein, wandert dieses langsam Richtung Schambein. Da es mit dem Kreuzbein verbunden ist, wird auch das Kreuzbein mit nach innen ins Becken gezogen. Damit ändert sich unsere Beckengeometrie:
Die Muskeln des Beckenbodens verlieren an Spannung. Dies verdeutlicht folgende Zeichnung:
Abb. 2
Um wieder den Tonus zu erhöhen, muss der Körper die betroffenen Beckenbodenmuskeln verkürzen und dies tut er auch. Dabei werden die Muskeln aber kürzer und dicker, entwickeln mehr Tonus (Hypertonie), aber verlieren an Stärke.
Abb.3
Aber hier hilft doch Beckenbodentrainung – oder?
Der kürzere Muskel muß jedoch das gleiche Gewicht an Organen tragen, wie vorher. Überfordert ihn dies, so kann es zur Inkontinenz und später zu Senkungen kommen. Dagegen werden dann Beckenbodenübungen (zB Kegelübungen etc.) verschrieben. Diese helfen fürs erste, aber oft kommt es dazu, dass durch diese Mulkelanspannungen das Steißbein noch näher an das Schambein herangezogen wird (siehe Abb. 4) und der Kreislauf beginnt von vorne. Sitzen auf dem Steißbein und das nach Innen wandern des Steißbeines kann auch zu starken Schmerzen an Steiß- und Kreuzbein führen.
Abb. 4
Das Steißbein wandert immer weiter in das Becken, der Abstand zwischen Sacrum und Schambein wird immer kürzer und die Beckenbodenmuskeln werden immer schwächer, weil:
- wir zu häufig auf dem Steißbein sitzen.
- die Muskeln, die das Kreuzbein mit dem Steißbein nach außen ziehen könnten, zu schwach ausgebildet sind.
- Beckenbodenübungen die Muskeln verkürzen. Dies hilft kurzfristig, aber die Muskeln verlieren an Stärke.