Kaiserschnitt und Komplikationen – ein Blick in die Zukunft


In PubMed wurde eine neue Studie zu den Folgen der steigender Kaiserschnittraten in den USA veröffentlicht. Das Ergebnis ist ernüchternd (übersetzt):

„Nach einem primären Kaiserschnitt (= erster Kaiserschnitt) folgt häufig ein sekundärer Kaiserschnitt (darauf folgender Kaiserschnitt). Mit jedem zusätzlichen Kaiserschnitt nimmt für die  Frau die Wahrscheinlichkeit zu, eine Placenta praevia oder  eine Placenta accreta zu entwickeln. Steigen die Primär- und die Sekundärkaiserschnittraten weiter in der gleichen Geschwindigkeit, wie von 1996 zu 2009, dann wird 2020 die Kaiserschnittrate in den USA bei 56,2% liegen. Dies bedeutet  eine Zunahme der Fälle von Placenta praevia um 6236, von Placenta accreta um 4504  und zusätzliche 130 Todesfälle von Müttern pro Jahr. Der Anstieg bei diesen Komplikationen wird 6 Jahre nach dem Anstieg der Kaiserschnittrate sichtbar. Man wird also  bei einer steigenden Rate von Kaiserschnitten,  jedes Jahr mehr Fälle von Placenta praevia , Placenta accreta und Müttersterblichkeit sehen.“

Wie sieht diese Zunahme von  Placenta accreta          aus? (Silver 2006)

  • Placenta accreta beim 2-ten Kaiserschnitt –                           0.31%
  • Placenta accreta  beim 3-ten Kaiserschnitt-                           0.57%
  • Placenta accreta beim 4-ten Kaiserschnitt –                           2.13%
  • Placenta accreta beim 5-ten Kaiserschnitt –                           2.33%
  • Placenta accreta beim 6-ten Kaiserschnitt (oder mehr)-  6.74%

Der einzige Grund warum wir bisher nicht auffallend mehr Placenta accreata haben, ist der heutzutage geringe Anteil von Frauen mit mehr als 2 Kindern. Die Zunahme der Fälle von Placenta praevia ist sogar noch  höher.

Diese Komplikationen sind nur die schlimmsten. Weiterhin nehmen noch zu (Betrachtet sind nur einige Folgen für die Mütter, mehr, auch zu den  Babys,  findet ihr im Blogbeitrag  „Ist ein Kaiserschnitt sicherer„):

  • Hysterektomie
  • Infektionen nach der OP
  • Verwachsungen im Bauchraum (Narbengewebe)
  • Endometriosis
  • Tubenschwangerschaft
  • Abnahme der Fruchtbarkeit

Wer nun denkt, das gilt nur für die USA, denn die haben natürlich viel mehr Kaiserschnitte als wir, irrt sich. Ja , die Kaiserschnittrate für 2009 ist etwas höher als die unsere (USA 32,9;  Deutschland 31,3), aber eben nur um 1,6%. Bisher ist die Kaiserschnittrate auch in Deutschland von Jahr zu Jahr gestiegen – Der Trend scheint ungebrochen – mit all seinen Nachteilen.

Ist ein Kaiserschnitt sicherer?


Wunschkaiserschnitte sind es nicht!

Zu diesem Ergebnis kam eine Studie der WHO (World Health Organisation).  Im Vergleich zu vaginalen Geburten, sind Wunschkaiserschnitte für das Baby und für die Mütter, mit mehr Risiko verbunden.

Dass Kaiserschnitte für die Mütter sowieso gefährlicher sind, trotz Bezeichnungen wie „sanfter Kaiserschnitt“, ist schon lange bekannt. Aber viele Frauen gehen davon aus, dass es für die Babys sicherer ist, wenn sie sich freiwillig unters Messer legen. Das erhöhte Risiko für sich, nehmen sie dann gerne in Kauf. Es gibt auch eine Reihe Ärzten, die immer wieder verlauten lassen, der Kaiserschnittentbindung gehöre die Zukunft, da sie für das Kind besser sei.

Nun wurde im medizinischen Journal „The Lancet“ ein  neuer Report aus der laufenden, langjährig angelegten, asiatischen Studie  der WHO veröffentlicht. In diesem Report kamen die Forscher zum Ergebnis, dass  – in entwickelten Ländern, wie z. B. in Japan und auch in unterentwickelten Ländern  –  Kaiserschnitte nur dann die größeren Risiken für Mutter und Baby  reduzieren, wenn sie medizinisch notwendig waren. Wunschkaiserschnitte führten für beide zu erhöhten Risiken:

  • Tod des Kindes
  • Verlegung auf Intensivstation
  • Tod der Mutter
  • Bluttransfusion
  • Entfernung der Gebärmutter
  • Abbindung der inneren Beckenarterie

Dieses Studienergebniss steht nicht allein, eine weitere große Studie kam zu folgendem Ergebnis:“ Hohe Kaiserschnittraten bedeuten nicht unbedingt bessere Versorgung in der Geburt, sondern sind mit erhöhten Schädigungen verbunden„, eine Reihe dieser bekannten möglichen Schädigungen sind:

höhere Risiken für das Baby

  • Atemproblem (Transient Tachypnea)
  • Schnittverletzungen
  • spätere Allergieneigung
  • Ernährung mit künstlicher Säuglingsnahrung (Höhere Neigung zu Infekten und Krebserkrankungen, Fettleibigkeit, Diabetes)

Höhere Risiken für die Mutter

  • Entzündung und Infektion der Inneren Membran der Gebärmutter (Endometritis)
  • Stärkerer Blutverlust
  • Reaktionen auf die Betäubung (Kopfschmerzen, Allergien, Lähmungserscheinungen)
  • Wundinfektion
  • Blutgerinnsel (Thrombus, kann zu Embolie führen)
  • Operationsverletzungen
  • Größere Risiken für spätere Schwangerschaften und Geburten (Einnistungsprobleme, Plancenta praevia, Placenta accreata, Gebärmutterriss)
  • Probleme lange nach der OP (schmerzhafte Verwachsungen im Bauchraum, Endometriose)
  • insgesamt längere Erholungszeit nach der OP

Besonders häufig werden in China Wunschkaiserschnitte durchgeführt. Dort werden 11,7% aller Kinder auf Wunsch der Mutter per Schnittentbindung geholt. In Deutschland geht man von einer viel geringeren Rate, von ca. 2% aus. Wunschkaiserschnitte belasten nicht nur die Gesundheit von Mutter und Kind, sondern natürlich auch die Gesellschaft in Form von Kosten für die OP selbst und die Behebung ihrer möglichen Folgeerkrankungen.

Sollten Wunschkaiserschnitte denn nicht verboten werden? Ich denke nicht. Die Vorstellung, dass eine Frau, vor lauter Angst vor der Gefährlichkeit und der Schmerzen einer Geburt, schon in der Schwangerschaft innerlich versteinert, ist  auch keine vernünftige Alternative.  Die übersteigerte Angst ist auch kein Wunder. Die Medien sind voller Berichte und Bilder gefährlicher  Schwangerschaften und Geburten. Ein anderes Bild, abseits von Sensationen wäre wünschenswert. Ebenso notwendig ist eine Aufklärung und eine vernünftige Betreuung der schwangeren Frauen. Ärzte und Hebammen  können nicht einfach so tun, als ob es völlig egal ist, welche Entbindung die Entbindungsform der Zukunft ist- der Wunschkaiserschnitt sollte es nicht sein.

Ein  Buch, das ich  zum Thema Kaiserschnitt gerne empfehle, ist: „Der Kaiserschnitt hat kein Gesicht

Vaginale Untersuchungen – Notwendig oder schädlich Teil 1


(Folgende Gedanken habe ich aus dem Buch „The Doula Guide to Birth “ von Ananda Love & Rachel Zimmermann, 2009, zusammengefasst und übersetzt. Es ist insgesamt ein Super Buch, aber leider nur in Englisch erhältlich.)

Vaginale Untersuchungen erleben alle schwangeren Frauen als etwas, das zum Schwangersein und zum Gebären dazugehört. Egal wie man sie empfindet, in der Regel werden sie als notwendig akzeptiert.

Zu Beginn der Schwangerschaft werden die Ultraschalluntersuchungen vaginal durchgeführt und dann, im Verlauf der Schwangerschaft, die Beschaffenheit und Länge der Cervix (Muttermund) vaginal untersucht. Am Ende der Schwangerschaft werden vaginale Untersuchungen besonders häufig angewandt. Arzt/Ärztin oder Hebamme führen routinemäßig ihre behandschuhten Finger in die Vagina der Schwangeren ein, um Veränderungen der Cervix, die dem Beginn der Geburt vorausgehen, feststellen zu können. Während der Geburt wird dann regelmäßig per vaginaler Untersuchung  geprüft, wie weit die Geburt voran geschritten ist.

Dabei fallen Sätze wie:

„Der Muttermund ist zu 80% verstrichen“

Das Verstreichen bezeichnet das Dünner-und Weicherwerdens des Muttermundes und wird normalerweise in Prozent angegeben. 80% verstrichen bedeutet, dass die Cervix zu 80% verstrichen ist, relativ zum völligen Verstreichen, und noch um 20% mehr verstreichen sollte. Das Verstreichen kann der Öffnung des Muttermundes vorausgehen. Beides kann aber auch gleichzeitig geschehen.

„Der Muttermund ist  (erst/schon/nur) 3 cm geöffnet“

Damit das Baby geboren werden kann, muss sich zuvor der Muttermund öffnen. Wie weit die Cervix geöffnet ist, wird in der Regel mit der Anzahl der Fingerspitzen abgeschätzt, die tatsächlich in die Öffnung gesteckt werden können. 3 cm geöffnet, heißt also dass 3 Finger nebeneinander in den Muttermund passen, 10 cm bedeutet dass der Muttermund völlig geöffnet ist. Die Hinzufügung von Worten, wie schon oder erst, beinhalten eine Bewertung, diese hängt davon ab, was vom Untersuchenden als normal angesehen wird.

Häufig werden die vaginalen Untersuchungen dazu verwendet, um Aussagen darüber zu machen, wie lange es noch dauert, bis das Baby geboren wird. Dummerweise gibt es viele Faktoren von denen die Dauer der Geburt beeinflusst wird. Die Öffnung der Cervix ist nur einer davon und jede Frau (und ihre Cervix) braucht ihre eigene Zeit. In vielen Krankenhäusern verwendet man zum Einschätzen der Geburtsdauer immer noch die inzwischen als unrealistisch erkannte Friedmann Kurve.  Verläuft die Öffnung des Muttermundes langsamer als in der Friedmann Kurve angegeben, dann wird oft zu künstlicher Steigerung der Wehenstärke (Pitocin) geraten.

Vaginale Examen sind oft unangenehm. Dies gilt besonders unter Wehen. Viele Mediziner und auch Hebammen verlangen von der Gebärenden, dass sie sich dazu auf den Rücken legt. Dies ist eine in der Geburt oftmals extrem schmerzhafte Position, besonders wenn die  Wehenschmerzen vor allem im Rücken gespürt werden. Zudem sollten sich die  Gebärenden  während der Geburt auf dem „Geburtsplaneten“ befinden, d.h. in einer Art Trance. Dieser Zustand ist sehr förderlich für eine gute Geburt.  Regelmäßige vaginale Check-ups unterbrechen diese Trance und es wird für die Mütter schwerer die Wehen zu verarbeiten dadurch werden diese als schmerzhafter und anstrengender empfunden.

Vaginale Untersuchungen können Schaden anrichten

Das ist für viele auf den ersten Blick völlig überraschend. Unangenehm und evtl. störend das schon, aber wirklich  gefährlich? Ja, tatsächlich und das lässt sich leicht erklären:

In unserer Vagina gibt es eine Bewegung von Vaginalschleim vom Muttermund Richtung draußen.  Keime werden also immer vom Muttermund weg transportiert. Ganz gegensätzlich ist die Bewegungsrichtung bei einer vaginalen Untersuchung.  Alles das, was in die Vagina eingeführt wird, egal ob mit Handschuh oder ohne, schiebt Keime vom äußeren unseres Körpers nach innen und nach oben zum Muttermund. Unser Körper ist von vielen Bakterien besiedelt und alle haben ihren speziellen Platz. Manche davon sind ungefährlich , andere aber gefährlich, vor allem wenn sie an Stellen kommen, wo sie normalerweise nicht hingehören. Dann kann es zu einer Infektion von  Mutter oder Baby kommen, besonders nachdem die Fruchtblase geplatzt ist (oder geöffnet wurde). Wegen diesem Entzündungsrisiko wird der Schwangeren Frau ein zeitliches Limit gesetzt. Wie groß dieses Zeitfenster ist, indem sie ihr Kind gebären muss, hängt vom jeweiligen Arzt/Krankenhaus ab.

Deshalb vermeide Vaginale Untersuchungen (vor der Geburt und in der Geburt), wenn deine Fruchtblase nicht mehr intakt ist, wenn du ein zusätzliches Infektionsrisiko vermeiden möchtest!

Vaginale Untersuchungen begünstigen auch das vorzeitige Platzen der Fruchtblase, denn  hereingebrachte Keime können diese infizieren und schwächen.  Noch problematischer ist dies, wenn die Mutter von Gruppe-B-Streptokokken (GBS) besiedelt ist.  Diese Keime können besonders für Frühgeborene gefährlich werden. Außerdem haben sie die Fähigkeit, dass sie, wenn sie zum Muttermund gelangen und diesen passieren können, bei geöffneter  Fruchtblase   das noch nicht geborene Baby infizieren können. Bei der Mutter können sie v.a. bei Kaiserschnitt eine uterine Infektion, eine Endomitritis hervorrufen.

Aber was soll ich denn tun, wenn ich vaginal untersucht werden soll? Kann ich wirklich einfach „Nein“ sagen?

Ja, du kannst. Eine vaginale Untersuchung ist ein Eingriff, den du erlauben kannst aber nicht musst.

Wie soll denn der Arzt, die Ärztin/Hebamme und dann ich wissen wie weit ich bin?

Erst mal: Muss man immer genau wissen, wie weit der Muttermund verstrichen oder geöffnet ist?

es folgt Teil 2

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