Geburt in hinterer Hinterhauptslage, Sterngucker-Babys


Ein vorangegangener Artikel drehte sich um das Baby in der hinteren Hinterhauptslage als eine mögliche Ursache  schwierigerer Geburten. Rachel Reed hat sich dazu in ihrem Blogbeitrag „In celebration of the OP-Baby“ einige Gedanken gemacht:

Die „Probleme“

Das Wehenmuster

Es ist schon selten genug, dass die Geburt eines Baby in vorderer Hinterhauptslage genau der idealen Lehrbuchsgeburt  entspricht. Ein Baby, das sich in hinterer Hinterhauptslage auf diesen Weg macht, entspricht diesem Bild noch seltener. So drückt sein Kopf nicht so gleichmäßig von innen auf den Muttermund und dies, neben  anderem, kann zu Folgendem  führen:

  • der ‘errechnete Geburtstermin’ wird überschritten
  • die Fruchtblase „platzt“ vor Wehenbeginn
  • das Einwehen (Wehen nehmen langsam an Stärke zu, ihr Abstand wird kürzer) dauert länger, es kann immer wieder zu Pausen kommen
  • während der Geburt bleiben die Wehen irregulär
  • die Eröffnungsphase dauert länger, die Rotation des Babys dauert länger

Das heißt jedoch nicht, dass die Geburt deshalb fehlerhaft ist, es kann jedoch problematisch werden, wenn nun die Idealvorstellung vom Ablauf einer Geburt  als Maßstab genommen wird, ohne Rücksicht auf die jeweilige Mutter, ihr Baby und die Situation. Oft wird dann versucht die Geburt künstlich mit Pitocingaben zu beschleunigen. Die möglichen Folgen der unnatürlich verstärkten Wehen  können  fetaler Stress beim Baby und überstarke Wehenschmerzen der Mutter sein.

Schmerzen

Manche Frauen empfinden die Wehen anders, wenn ihr Baby in hinterer Hinterhauptslage liegt. Es ist jedoch schwer, genau zu sagen, was der Grund dieser Schmerzen ist. Viele Frauen berichten von schlimmen Rückenschmerzen während der Geburt eines Babys in hinterer Hinterhauptslage – andere haben jedoch dabei keine Rückenschmerzen. Unglücklicherweise kann schon allein die Erwartung, dass die Schmerzen größer sein werden, zu solch einer Anspannung führen, dass sie auch schlimmer empfunden werden. Dies ist also nicht hilfreich.

Jede Geburt ist verschieden. Falsches Management kann zu Problemen führen. Allein die Erwartung, dass die Schmerzen größer werden als normal, erhöht den Wunsch nach einer PDA.  Das gilt auch für Pitocingaben,  diese erhöhen die Wehenstärke, oft verbunden mit schlimmeren Wehenschmerz und damit der Häufigkeit einer PDA.

Mit einer PDA ist oft die Beweglichkeit der Gebärenden eingeschränkt, sie kann damit die Drehbewegung ihres Babys nicht mehr so gut unterstützen. Die Muskeln des Beckenbodens sind ebenfalls betäubt und ihr Tonus ist geringer. Auch damit wird die Unterstützung der Drehbewegung des Babys geringer. Als Folge davon, drehen sich die Babys unter einer PDA seltener.

Früher Pressdrang

Auf den Weg durch das Becken drückt das Baby in hinterer Hinterhauptslage mit dem Hinterkopf gegen bestimmte Nerven, dieses löst einen Drang zum Pressen bei der Mutter aus. Dieses „verfrühte“ Pressen wird oft als ein Problem gesehen und die Mutter wird angehalten, es zu unterdrücken. Gelingt ihr dies nicht, wird dann oft zu einer PDA geraten. Vielleicht sind jedoch die  Presswehen in dieser Phase dazu da, das Baby zu drehen.

Vorschläge

Babys in hinterer Hinterhauptslage sollten nicht als Geburtshindernis angesehen werden, sondern als häufige Variation. Das Managment von Schwangerschaft und Geburt sollten jedoch dafür angepasst werden:

In der Schwangerschaft

  • Die Mutter kann trotzdem ihrem Körper und seiner Fähigkeit zu Gebären vertrauen.
  • Die Mutter sollte wissen, dass der Ablauf der Geburt anders (nicht schlimmer oder besser) sein könnte, als die Geburt nach Lehrbuch. (Wehenmuster, Geburtsfortschritt/dauer).
  • Sie kann mit einer Reihe von Techniken versuchen, das Baby zum Drehen zu animieren (siehe hier). Falls es nicht gelingt, so hat das Baby sich diese Position ausgesucht. Es kann sich auch noch während der Geburt drehen, oder es wird eben als Sterngucker geboren.
  • Sie sollte wissen, dass viele Kinder als Sterngucker zu Welt kommen.

In der Geburt

  • Die Geburtshelfer müssen der Mutter vertrauen, dass sie das Baby gebären kann.
  • Wehenmuster und Geburtsablauf müssen flexibler gesehen werden (langsames Einwehen, frühe Presswehen)
  • Die Mutter braucht eine angenehme Umgebung, in der sie sich sicher fühlt, in der sie alle Positionen einnehmen kann, die sie hilfreich findet.
  • Wenn der frühe Pressdrang nicht zu unterdrücken ist, soll sie pressen dürfen.
  • Die Hebammen müssen bemüht sein, ihr Erleichterung bei Rückenschmerzen (warmes Wasser, nach vorne gelehnte Positionen, leichter Gegendruck) zu verschaffen.
  • Hebammen können Positionen vorschlagen, die dem  Baby mehr Platz  zum Drehen verschaffen.


Geburtshaltung bei Beckenendlage (Steißgeburt)


Bei den Clicks, die mein Blog in den letzten Tagen bekommen hat, ist mir aufgefallen, dass oft  nach einem Beitrag über die BEL (Beckenendlage, Popo zuerst) des Kindes gesucht wurde. An dieser Stelle möchte ich daher kurz  ein paar informative Seiten im Netz dazu vorstellen:

Waren in den letzten Jahren in US-amerikanischen, kanadischen, englischen und auch vielen deutschen Kliniken vaginale Geburten aus BEL ein absolutes NO-GO, so hat sich dies vor kurzem wieder geändert. Ein Artikel der FAZ fasst dies kurz zusammen, (bitte bis zum Ende lesen). Besonders beruhigend finde ich den Hinweis, dass sich die allermeisten Kinder, die die letzten 6 Schwangerschaftswochen aufrecht sitzend beginnen, von selbst noch vor der Geburt in eine Kopflage drehen. Hier noch ein Kurzinterview mit dem auch  international anerkannten Prof. Dr. Frank Louwen, Leiter der Geburtshilfeabteilung der Uni-Frauenklinik Frankfurt/Main.

Welche Geburtsposition ist denn die günstigste?

Ärzte des  Universitäts-Klinikum in Leipzig haben sich  mit der Steißgeburt beschäftigt und raten bei der Geburt zum eher aufrechten Vierfüßlerstand (nach unten scrollen). Auch im Uniklinikum Frankfurt wird diese Position empfohlen. Die Geburt auf allen Vieren ist sowieso eine gute Geburtsposition. Sie ist zwar erstmal ungewöhnlich, wird jedoch auch bei feststeckenden Schultern (Schulterdystokie)  genutzt.

Lustig finde ich diese Entwicklung im Uniklinikum Leipzig schon. Vor nicht allzu langer Zeit glaubte man auch dort noch, dass die Käferstellung auf dem Rücken für eine BEL notwendig ist, wie es in diesem Erfahrungsbericht geschildert wird. Doch die Entwicklung weg von der Bequemlickeit des Geburtshelfers, hin zu mehr  „Bequemlichkeit“ (und Sicherheit) für das Baby und für die Gebärende, macht Hoffnung. Es gibt Geburtshelfer, die den Frauen zuhören, die neugierig bleiben, die ihre eigene Vorgehensweise kritisch überdenken und Verbesserungen anstreben.

Video einer Steißgeburt im Wasser

Ob eine Geburt mit dem Baby in BEL auch in einer Geburtswanne  eines deutschen Krankenhauses erlaubt wäre, weiß ich nicht, aber nachfragen, kann man auf  jeden Fall. Vielleicht hilft ja dieses Video dabei.

Welchen Einfluss hat unsere Lebensweise, unsere Körperhaltung auf die Lage des Kindes in der Gebärmutter?


Alle Schwangeren sind in den Wochen vor der Geburt mit dem Gedanken beschäftigt: Wie liegt mein Kind? Liegt es richtig herum? Ist der Kopf unten? Bei einer Kopflage sind sie dann beruhigt und gehen davon aus, dass sich das Baby damit in der bestmögliche Geburtsposition befindet. Eine Reihe von Geburtshelfern ist sich da nicht so sicher.

Sie sind überzeugt davon, dass die häufigsten Ursachen für schwierige, lang andauernde oder schmerzhafte Geburten bestimmte Kindslagen und Einstellungen des Kindes sind. Einen kleinen Überblick möglicher Kopflagen gibt die „Fetal Compass Rose“ von spinningbabies, siehe Abb. 8

Abb.8  aus spinningbabies

The Fetal Compass Rose - verschiedene Kindslagen

The Fetal Compass Rose - verschiedene Kindslagen

Die meisten mit dem Kopf nach unten liegenden Babys drehen sich während der Geburt in verschiedene Positionen. Dabei gelten einige Positionen als Einstellungs- und Haltungsanomalien, welche den Geburtsfortschritt verzögern können.  Als Stellungen, die, wenn sie längere Zeit anhalten,  Problem machen können, gelten  die Dorso-Posterioren Stellungen (siehe Abb. 8 OT – eigentlich ROT, aber das R ist auf der Abb. 8 verschwunden, ROP, OP) und Querstand der Pfeilnaht (siehe Abb. 8 LOT). Dazu kommen noch die persistierenden asynklitischen Kopfhaltungen, dh, das Baby winkelt beim Tiefertreten den Kopf nicht ab und erschwert die Rotation und das Tiefertreten.

Dorso-Posteriore Stellungen können schon den Beginn der Geburt negativ beeinflussen. Die Eröffnungsperiode zieht sich dann über einen langen Zeitraum hin und, trotz sehr schmerzhafter Wehen, öffnet sich der Muttermund nur sehr zögerlich.  Oft verliert die Mutter, angesichts der großen Anstrengung schon zu Beginn der Geburt, den Mut und den Glauben daran, das Kind aus eigener Kraft gebären zu können.

Hilfreich sind in dieser Situation Lageveränderungen der Mutter, die das Kind bei der Rotation unterstützen können (siehe auch „Schwierige Geburten leicht gemacht“ von Penny Simkin und Ruth Ancheta). Oft wird aber mit Wehenmitteln (künstliches Oxytocin) nachgeholfen, da die Ursache nicht in der Kindslage, sondern in zu schwachen Wehen vermutet wird.

Was haben denn die Dorso-Posterioren Stellungen mit unserer Lebensweise zu tun?

Neben vielen anderen gehen J. Sutton, P. Scott und G. Tully davon aus, dass eine bestimmte Körperhaltung zu einem vermehrten Auftreten der Dorso-Posterioren Stellung (= hintere Hinterhauptslagen) des Babys bei Geburtsbeginn führt.  Dummerweise ist diese Körperhaltung genau diese, in der wir uns so gerne befinden – bequem in einen Stuhl/Sessel/Couch/Sitz gelümmelt, lesend, beim Fernsehen, am Computer, beim Telefonieren etc…… Sitzt die werdende Mutter so angenehm, das Becken nach hinten gekippt, das Gewicht auf dem Kreuz- und Steißbein, so ist die komfortabelste Position des Babys eine posteriore oder die  ROA (siehe Abb.8). Die ROA Stellung, die ja nicht zu den Posterioren Kindslagen gehört, birgt die Gefahr, dass sich das Baby bei Beginn der Geburt in die Posteriore Stellung dreht, denn sehr viele Babys haben die Tendenz, sich in der Geburt links herum zu drehen. Im Verlauf der letzten 20 Jahre konnte eine Zunahme der hinteren Hinterhauptslagen bei der Geburt ferstgestellt werden. Diese Zunahme ist wohl unserer veränderten Lebens- und Sitzweise geschuldet.

Abb 9: So bitte nicht hinsetzen, oder besser gesagt, nicht so „abhängen“

Becken beim Sitzen nach hinten gekippt, unterer Rücken gerundet

Becken beim Sitzen nach hinten gekippt, unterer Rücken gerundet

Welche Körperhaltung und welche Lebensweise günstiger ist, folgt im nächsten Blogartikel.

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