Wie kommt es zu einer Wehe (Kurzbeschreibung)
Die körperlichen Zutaten:
Die wichtigste Zutat für eine Wehe ist, natürlich neben der schwangeren Frau um den ET herum, wohl das Hormon Oxytocin. Dieses Hormon regelt ganz vieles in unserem Körper, näheres hier: WIKIPEDIA . Oxytocin begleitet uns durch unser ganzes Leben und ist schon während der gesamten Schwangerschaft vorhanden, aber es kann keine Wehen lösen, denn es fehlt noch eine ausreichende Anzahl an Oxytocinrezeptoren am Uterus. Erst wenn davon genug gebildet sind, reagiert der Uterus auf das Hormon mit Kontraktionen = Wehen. Diese beginnen oben, am Fundus der Gebärmutter und setzen sich nach unten fort. Gebildet wird Oxytocin vor allem im Gehirn und zwar pulsierend im Hypothalamus, aber auch in anderen Geweben, wie den Eierstöcken und dem Uterus selbst. Auch vom Baby wird Oxytocin gebildet und zwar relativ viel, so ist der Oxytocingehalt des Blutes in der Nabelschnur höher, als im, mit mütterlichem Blut gefüllten, intervillösen Raum zwischen der Plazenta und Uterus.
Wir nehmen nun an, die Geburt hat begonnen, dann
drückt der Babykopf von innen auf die Cervix, so gibt es bestimmte Nervenimpulse, die dazu führen, dass pulsierend vermehrt Oxytocin vom Hypothalamus ins Blut abgegeben wird. Dies verstärkt die Kontraktionen, dies drückt den Babykopf (oder P0p0) stärker gegen die Cervix, dies sendet über Nervenleitungen den Impuls an den Hypothalamus mehr Oxytocin auszuschütten, die Wehen werden verstärkt, dies drückt den Babykopf stärker auf die Cervix, dies sendet über Nerv…. usw, usw. – Es ist ein sich selbst verstärkender Regelkreis.
Damit sich die Cervix öffnen kann, muss sie dazu bereit sein. Deswegen wird bei einer künstlichen Einleitung erst durch ein Medikament die Bereitschaft der Cervix hergestellt und dann erst per Tropf das Wehenmittel gegeben. Durch die Gabe von Wehenmitteln wird das Gefälle des Oxytocingehaltes des Blutes vom Baby zur Mutter umgedreht. Ob dies etwas und was dies evtl. bewirkt, ist unbekannt. Wird nun noch eine PDA gesetzt, so fällt nun die Impulssendung von Nerven von Cervix und Vagina an den Hypothalamus aus (kein Gefühl mehr), und der verstärkende Regelkreis ist unterbrochen. Deswegen sind Gaben von künstlichen Oxytocin bei der PDA ganz normal.
Die Ausschüttung von Oxitocin ist nicht nur rein körperlich geregelt, sondern wird auch von unseren Gefühlen beeinflusst.
Oxytocin-Ausschüttung fördernde Umgebung/Situation:
- sich sicher fühlen
- geschützte Privatsphäre
- gedämpftes Licht
- Ruhe
- von Leuten umgeben sein, die man kennt
- angenehm berührt werden
- angenehme Umgebung
- entspannt sein
Oxytocin-Ausschüttung hindernde Umgebung/Situation:
- sich gefährdet, ungeschützt fühlen
- sich beobachtet fühlen
- helles Licht
- Lärm
- von Fremden umgeben sein
- gefragt werden
- unangenehme Umgebung
- denken sollen
Sowie die Oxytocin Menge, die durch den Körper rauscht, von Emotionen beeinflusst wird, so beeinflusst diese wiederum das, was man fühlt und tut. Es gibt ganze Bücher über die emotionale Wirkungsweise dieses Hormons (z. B
. deutsch:
Odent, englisch:
Moberg). Bei der Geburt ist die Rolle die das Oxytocin für die Liebe zwischen Mutter und Kind spielt (Bonding und Attachment) besonders wichtig.
Auf eine einfache Formel gebracht sieht das dann so aus:
Oxytocin (das Liebeshormon) +Beta-Endorphin (Glücksgefühl und Abängingkeit) + Prolaktin („Bemuttern“ und Milchbildung)
Die Gabe von künstlichem Oxytocin zur Wehensteigerung kann diese emotionalen Wirkungen nicht erzeugen, obwohl es ein chemisch identischer Stoff ist, da es die Blut-Hirnschranke nicht passieren kann.
Der Verlauf der Wehen
Die Kontraktionen werden nach Dauer und Abstand gemessen. In der Latenzphase der Eröffnungsperiode (Cervix bis 3 cm) werden Wehen ab einer Dauer von 1 Minute und einem Abstand von max. 5 Minuten als effektiv angesehen. In der Aktivitätsphase (Cervix 3-10 cm) der Eröffnungsperiode sollen die Wehen in einem Abstand von 2-3 Minuten kommen. Es wird von dieser Sichtweise also angenommen, dass Wehen, die nur 1 bis 2 mal in 10 Minuten auftreten, nicht effektiv sind.
Doch die Realität beweist immer wieder das Gegenteil.
Die Stärke der Wehen
Dies ist nicht einfach zu beurteilen, wenn überhaupt. Kennt die Hebamme die Schwangere schon und ist von Geburtsbeginn an dabei, ist es leichter, dann können ihr das Verhalten der Frau und einige andere Zeichen (siehe hier) gute Hinweise geben. Die Effektivität einer Wehe danach zu beurteilen, wie die Öffnung der Cervix voranschreitet, ist einmal an die Untersuchung der Cervix, mit ihren Nachteilen verbunden, zum anderen bewirken Wehen auch noch etwas anderes als Munttermundsöffnung, wie das Drehen des Babys in eine gute Geburtspositon, z. B. bei einem Baby in hinterer Hinterhauptslage. Außerdem öffnet sich die Cervix nicht unbedingt gleichmäßig, sondern oft sprunghaft.
Es gibt kaum etwas demotivierenderes für eine Gebärende, als wenn ihr nach einigen Wehen, die sie als extrem stark und alle Kraft raubend erlebt hat, gesagt wird, dass diese Wehen wohl noch nicht effektiv genug sind.
Zusammenfassung
CTG´s und Handauflegen zeigen nur an, wann und wie lange eine Wehe auftritt. Über die tatsächliche Stärke kann nur die Gebärende eine sinnvolle Aussage machen. Bei einer natürlichen Geburt sollte erstmal davon ausgegangen werden, dass die Wehen angemessen für diese Geburt, diese Mutter und dieses Baby sind.
Ein Idealbild als Maßstab zu nehmen, verbessert kaum das Ergebnis, führt aber häufig zu nicht notwendigen Eingriffen. Ist eine vaginale Geburt nicht möglich, so zeigt sich dies entweder an, von der Mutter als kräftig empfundenen, sich über Stunden hinziehenden Wehen, ohne jeden Geburtsfortschritt oder Änderung der Position des Babys, oder an dem Verhalten der Mutter. Die Herzrate des Babys wird zudem einen Hinweise auf Probleme geben und die Mutter hat vielleicht das Gefühl, dass irgendwas falsch läuft.
Manchmal ist jedoch das Geburtshindernis nicht körperlich, sondern emotional und eine bessere Umgebung (s.o. oxytocinfördend), oder das Ansprechen von Sorgen und Ängsten können die Geburt wieder voranschreiten lassen.
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