Die Homöopathiegläubigkeit von Hebammen


Unter  folgendem Link findet ihr einen Gastbeitrag von Claudia Graneis für den SB.de. Ursprünglich wurde er in abgewandelter Form in der Ausgabe 01/2013 des “Skeptiker”, der Zeitschrift für Wissenschaft und kritisches Denken der GWUP, veröffentlicht. Dieser Text spricht mir aus der Seele. Wie oft musste ich schon Frauen enttäuschen, weil ich ihnen keine Globolis oder ähnlich esoterisches empfehlen wollte.

Gastbeitrag: Heiße Luft für Hebammen – Das Training im esoterischen Denken beginnt schon vor der Geburt

Stilltipps von der Uniklinik – Mythen, Esoterik und Halbwahrheiten


Ja, ich muss zugeben, ich hab mich geärgert, richtig geärgert und in einem richtigen Blog (10 Tipps für das Schreiben eines Blogs), soll man sich auch mal aufregen. Das ist eben mal heute dran.

Was ist passiert? Ich habe einen Flyer zu  „Ernährungsempfehlungen für die Zeit der Schwangerschaft und die Stillzeit“ einer Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, einer eigentlich renommierten Universitätsklinik, in die Hände bekommen. Beim Durchlesen hat es mir meine lackierten Fußnägel hochgerollt. Nun, was hat das Gefühl des Ärgers bei mir erzeugt? Lest selbst die allgemeinen Ernährungsempfehlungen:

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, also einfach der Reihe nach (vorsicht, teilweise ironisch).

Rundkornreis, weißer Reis, kein Langkornreis, kein Basmati, Jasmin oder sonstiger Reis und auf jeden Fall kein Vollkornreis? Warum? Mir fällt kein wirklich vernünftiger Grund ein, der gegen z. B. Basmatireis sprechen würde. Und ich habe auch noch nie von dem gefährlichen Vollkornreis gehört. Außer, dass ich persönlich manchmal den Geschmack von Vollkornreis als muffig empfinde (vielleicht war er schon alt gewesen) und deshalb geschälten Reis meist vorziehe.

Mit Hirse, Hafer, Dinkelgries habe ich kein Problem, doch frage ich mich hier, warum Gries bei Dinkel und keine Körner oder Mehl, kann Hafer auch geflockt werden, und was wäre, nur um der Vollstädigkeit wegen, gegen Gerste oder Kamuth einzuwenden – oh, jetzt hätte ich fast Amaranth, Mais, Weizen, Roggen, ….. und Emmer vergessen. Zudem, darf es bei diesen Getreidearten die Vollkornvariante sein, oder sollten diese auch geschält sein?

Getreidebreie – ähem, nochmal Getreide, oder soll das heißen, Getreide nur als Brei?

Stärkende Suppen und Brühen – ja, lecker und sinnvoll

Polenta – Ist das nicht Maisbrei, d.h. Getreidebrei? Sind denn Getreidebreie, = ganz viel Kohlenhydrate (und wenn geschält auch viel vitaminarme, sog. leere Kohlenhydrate) wirklich das A und O für die Ernährung in der Schwangerschaft und Stillzeit? Ich glaube nicht!

Gemüse und Obst sollte gekocht oder gegart werden – hört sich für mich ein bischen chinesisch/tibetanisch an, ziemlich esoterisch jedenfalls. Auf Vitamin C soll dann also verzichtet werden?

Hochwertiges(!) Fleisch und Fisch – Ja, tierisches Eiweiß ist leicht verderblich, sollte  durchgegart werden und, wenn möglich, Bioware vorziehen (Lebensmittelskandale). Aber auch bei allen anderen Lebensmittel darauf achten, dass sie nicht verdorben sind oder minderwertig.

Natürliche Milchprodukte mit frischem Obst – Oh, also doch frisches Obst, aber nur mit Milchprodukten – oder, noch besser, natürliche Milchprodukte nur mit frischem Obst, sonst lieber unnatürliche Milchprodukte (vielleicht ist hier an Analogkäse zu denken?).- Quatsch!

Kompott sollte mit Honig gesüßt werden – nicht mit bösem Zucker. Nun, Zucker gehört leider wirklich nicht zur gesunden Ernährung, nicht nur wenn man stillt oder schwanger ist. Am besten darauf weitgehend verzichten und nur geziehlt einsetzen – Honig in großen Mengen ist auch nicht das Gelbe vom Ei. Vor allem wenn man ihn kocht, also nur nachsüßen, nicht mitkochen. Beim Kompott aus süßen Früchten kann getrost auch auf Honig verzichtet werden. Vom Zwang, Kompott auf jeden Fall mit Honig zu süßen, halte ich gar nichts!

Pudding, Kuchen o. ä. sollte mit Vollrohrzucker gesüßt werden – Es gilt obiges. Vollkornzucker deshalb, weil er etwas mehr Vitamine und Mineralstoffe hat, als raffinierter Zucker, und irgendwoher müssen diese ja kommen, wenn ansonsten das Getreide geschält, Gemüse und Obst gekocht werden müssen.

warme Tees, kein Pfefferminz- oder Salbeitee – denn diese beiden können die Milchmenge ganz schön reduzieren. Das mit dem „warmen“ kommt wieder aus dem asiatisch-esoterischem Bereich. Aber natürlich sollte man nichts Kaltes trinken, wenn man es nicht mag oder fröstelt und nichts Heißes, weil man sich sonst den Mund verbrennt.

Ernähren sie sich abwechslungsreich und phantasievoll – ja, dem kann ich nur beipflichten, heute Maisgriesbrei, morgen Hirsebrei und übermorgen Haferbrei ….

Es folgt nun auf dem Flyer eine kleine Liste mit Lebensmitteln, vor denen gewarnt wird:

 Auch hier geht es wieder bunt querbeet. Der Verzicht auf einiges im Flyer angegebenes ist immer sinnvoll und besonders, wenn noch ein Baby mitisst (Alkohol, Nikotin, Drogen, Diäten, Stress, Zucker, Fertigprodukte), manches kann sinnvoll sein, z. B. wenn das Baby eine empfindliche Verdauung hat (blähende Speisen, Zwiebel), manches wird  in Maßen von  einigen Baby vertragen (Kaffee, Schwarztee), von anderen gar nicht. Die meisten haben gar kein Problem, wenn ihre Mama  saure Früchte oder ungeschältes Getreide schnabuliert.  Bei Knoblauch in der Nahrung trinken viele Babys sogar besser. Verträgt das Baby kein Kuhmilcheiweiß (kleinste Partikel gehen in die Muttermilch über), so muss die Mutter  ganz auf Milch und Milchprodukte verzichten.

Bei den Tipps zu Blähungen stach mir besonders der 2-fache Hinweis auf Milchzuckerunverträglichkeit mit notwendigem Abstillen ins Auge. Ich glaube, hier wurde vielleicht die gerade oben erwähnte Kuhmilcheiweißallergie mit einem Milchzucker/Laktase Ungleichgewicht verwechselt. Bei ersterem soll nicht abgestillt werden, sondern die Mutter muss auf jegliches aus Milch verzichten. Abstillen macht meist keinen Sinn, da die betroffenen Säuglinge auf die allermeisten Ersatznahrungen auch allergisch reagieren können. Bei der sog. „Unverträglichkeit gegen Milchzucker“ fehlt dem Baby meist nicht die zum Verdauen des Milchzuckers nötige Laktase, dies kommt nur sehr, sehr selten vor, meist handelt es sich um ein Ungleichgewicht. In diesen Fällen hat die Mutter sehr viel Milch und das Baby bekommt beim Trinken zu viel von der milchzuckerreichen Vordermilch und zu wenig von der milchzuckerärmeren, fettreicheren Hintermilch. Die vom Baby hergestellte Menge an Laktase-Enzym, reicht dann nicht aus, den gesamten Milchzucker (Laktose) abzubauen, es kommt zu Blähungen. Durch ein geeignetes Stillmanagement können Enzym und Milchzucker wieder in Balance kommen und ein Abstillen ist nicht notwendig. 

Und nun zum letzten Punkt, es fehlt an Muttermilch:

Warum, um alles auf der Welt, steht das Wichtigste am Schluss, nach Hühnersuppe und Eisverbot?

Wer hat nur diesen Flyer verbrochen?

Alternative: Birthtimedoulas Tipps zur Milchbildung

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